Ein Projekt mit Fatih Özcelik, Tausendsassa am vorarlberg museum.
Dieses Projekt wird durch die EU im Rahmen des Interreg V-Programms »Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein« gefördert. Teilnehmende Museen: vorarlberg museum, Montafoner Museen, Klostertal Museum, Bauernhaus-Museum Allgäu-Oberschwaben, Verein Xenia.
www.interreg.org
Aufbrechen ins Ungewisse, die Heimat verlassen und woanders Fuß fassen – Migration prägt seit jeher das Leben der Menschen. Das war und ist in Vorarlberg genauso wie im Allgäu und in Oberschwaben.
Migration ist vielschichtig. Aber immer geht es um Geschichten von Menschen. Und die wollen wir in den Museen erzählen. Deswegen sammeln wir Lebensgeschichten, Berichte, Archivzeugnisse, Objekte und Fotografien. Dafür ist auch der Erzähl-Bus der Museen in der Region unterwegs. Er ist immer auf der Suche nach Geschichten von Menschen. Von solchen, die aus einem anderen Land nach Oberschwaben oder Vorarlberg kamen und von solchen, deren Lebenswege sich mit denen der Zuwanderer gekreuzt haben. Und genau dafür brauchen wir Sie. Erzählen Sie uns Ihre Geschichte!
MACH MIT
Der Erzähl-Bus ist nun in seinem Winterquartier. Kommen Sie mit uns dennoch ins Gespräch und erzählen Sie uns IHRE Geschichte, wir freuen uns darauf!
Kontakt vorarlberg museum
Theresia Anwander
Kornmarktplatz 1
A-6900 Bregenz
t.anwander@vorarlbergmuseum.at
+43 (0)5574 46050 533
Ein Parkplatz voller Erinnerungen an die Kindheit und Jugend. Wir sprechen über das Aufwachsen in einer Arbeiterfamilie, die im Schichtbetrieb arbeitet und oft nur am Sonntag gemeinsam an einem Tisch sitzt.
Vielleicht kennen Sie die Geschichten von Menschen, die sich in Wohnheimbaracken ein Zimmer teilen mussten. Jede Familie ein Zimmer und welche mit Gemeinschaftskochstellen und Sanitäreinrichtungen. Gürkan teilte sich mit fünf Familienmitgliedern ein Zimmer und mit 35 Menschen den Rest von der Baracke. Er lebt heute in Hard, für ihn der schönste Fleck auf Erden. Er kann sich auch keinen anderen Ort zum Leben vorstellen. Er hat die vielen Veränderungen dieser Ortschaft miterlebt. Gürkan arbeitet in einem Produktionsbetrieb, und wenn er Zeit findet, schreibt er. Für ein Online-Portal übersetzt er Nachrichten aus Vorarlberg ins Türkische. Es ist ihm wichtig, dass die Menschen mehr über das Land, in dem sie leben, erfahren. Deshalb verfolgt er die Presseaussendungen und überträgt sie in die sozialen Kanäle.
Ali Gedik war 15 Jahre alt, als er in Begleitung seines Onkels aus dem Südosten der Türkei nach Vorarlberg kam. „Du warst tatsächlich ein Gastarbeiter, so hat man dich gesehen, so hast du dich gefühlt und so wurdest du auch behandelt“, ...
... berichtet er über seine ersten Jahre, in denen er in mehreren großen Firmen gearbeitet hat. Später setzte er sich aktiv für die Rechte der Migranten ein, engagierte sich politisch und machte auch auf die Bedrohung der kurdischen Minderheit in der Türkei aufmerksam, der seine Familie angehörte. Nach 17 Jahren verließ Ali Gedik Vorarlberg, um in Wien eine zweite Berufskarriere als Sozialarbeiter zu beginnen.
Wir besuchen Halil in seinem Vereinshaus. Früher waren diese „Gasthäuser“ eine wichtige Anlaufstelle für zugewanderte Menschen. In einer Zeit ohne Internet und Handy. „Damals“, so berichtet Halil, „gab es noch gute Gespräche am Tisch.“ Nachmittags Schwarztee und am Abend durfte es dann auch Rakı sein. Wir wollten von unseren Gesprächspartnern auch mehr über unseren Ford Transit erfahren:
„… der war eben sehr bequem zum Fahren …“
„… es wurde erzählt, dass der Ford Transit in der Türkei produziert wurde …“
„… sehr stabil und, wenn was zu reparieren war, konnte man es gleich an Ort und Stelle erledigen …“
Halil ist eines von sechs Kindern, er kam 1971 nach Vorarlberg. Er wollte gar nicht, aber sein Vater war der Meinung, es würde ihm dort bessergehen. Mit 500 DM in der Tasche machte er sich auf den Weg und fand über Salzburg seinen Weg nach Vorarlberg. Die erste Zeit, also die vor dem Familiennachwuchs, war für viele unbeschwert. Man verdiente zwar nicht viel, aber genug, um für sich selbst zu sorgen. Irgendwann kamen dann die Frauen und Kinder nach Vorarlberg. Das Geld reichte nicht aus, ein Grund, warum viele ihre Kinder bis zur Pensionierung nur im Sommer getroffen haben. Halil holte erst nach 20 Jahren seine Frau nach Vorarlberg.
„Tja, das Geld wurde damit knapp und auch die Frauen hatten angefangen zu arbeiten. Viele Männer sind nach der Schicht bei mir gesessen und haben Karten gespielt, für die Frauen war das anders. Nach der Arbeit war vor der Arbeit zu Hause. Sie haben Großartiges geleistet, das darf man nie vergessen.“
Wir sind zu Gast bei Familie Şensoy in Feldkirch. Wir fahren vor und lassen den Motor laufen. Baba wartet schon ungeduldig in seinem Garten auf uns und seine Augen glänzen – ein Stück seiner Geschichte steht vor seiner Tür.
Die ganze Familie steht bereit, ein emotionaler Augenblick. Ich überreiche ihm die Schlüssel. Wir steigen ein und er fährt los. Bevor wir losfahren, stellt er noch seinen Sitz ein (ich dachte immer, der wäre nicht zu verstellen… wieder etwas gelernt!)
„Anschnallen!“ Im fahrenden Ford Transit kann es im Inneren ziemlich laut sein. Schon einmal ohne Klimaanlage drei Tage und drei Nächte unterwegs gewesen? – in diesem Gefährt kaum vorstellbar für uns junge Menschen.
„Wir brauchten keine Klimaanlage“, beginnt er zu erzählen. „Mit diesem Auto habe ich 13 Haushalte von Vorarlberg in die Türkei gefahren.“ Baba lebt seit 1972 in Österreich und hat schon so einiges erlebt. Zu unserer Überraschung erfahren wir von Ersatzteilen vom Folgemodell des Ford Transit in seinem Keller. Eine Fahrt nach Istanbul dauerte damals drei Tage. Heute: 24 Stunden.